Inga Höltmann, Gründerin Accelerate Academy

Fotograf: Axel Kuhlmann

„Ich helfe mit, eine Arbeitswelt zu bauen, die digital, innovativ, nachhaltig und human ist“

Inga Höltman ist Gründerin der Accelerate Academy, einer Plattform rund um das Thema New Work. Sie unterstützt Menschen dabei, auf Veränderungen im Arbeitsumfeld zu reagieren und ihr Arbeitserleben positiv zu beeinflussen. Im Interview spricht sie über ihre Erfahrungen als Freie Journalistin, warum sie sich mehr Akzeptanz für einen selbstständigen Lebensentwurf wünscht und wie sie als Unternehmerin dazu beitragen will.

Wer bist du und was treibt dich an?

Ich bin Inga Höltmann, Wirtschaftsjournalistin und Gründerin der Accelerate Academy, einer Plattform für Neue Arbeit und Neues Lernen. In meiner Arbeit bringe ich Lernen und Arbeiten zusammen, denn ich denke, dass beides in der Arbeitswelt der Zukunft eng zusammengehören wird – wenn wir uns auf Jobs und Tätigkeiten einstellen müssen, von denen wir noch nicht einmal wissen, wie sie aussehen werden, dann gibt es nur eine Möglichkeit, das zu tun: Indem wir flexibel agieren und lernen, uns immer wieder neu auf sich verändernde Gegebenheiten einzustellen. Diese Notwendigkeit, schnell auf Veränderungen reagieren zu müssen, ist ein Merkmal, das unsere Arbeitswelt zunehmend charakterisiert. Das gilt gleichermaßen für Menschen und Unternehmen. Und für Menschen bedeutet das: konstant lernen und sich immer neu anpassen.

Ich arbeite mit Menschen und Organisationen genau an dieser Schnittstelle von Lernen und Arbeiten und unterstütze sie darin, erfolgreich durch sich verändernde Umfelder zu navigieren.

Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, die Arbeitswelt in Deutschland zu verändern und helfe mit, eine Arbeitswelt zu bauen, die digital, innovativ, nachhaltig und human ist. Mein Ziel ist es, Menschen darin zu unterstützen, ihre eigene Wirksamkeit zu erfahren und sich ihre ganz persönlichen Wirkungsräume zu erschließen – soll heißen: Veränderung und Transformation beginnt bei uns, also beim Individuum, und wie das geht, das erarbeite ich mit ihnen. Meine Vision ist es, das Arbeitserleben von einer Million Menschen positiv zu beeinflussen!

Welche Herausforderungen hattest du in Deiner Karriere als Freelancerin?

Ich bin als Selbständige in die Arbeitswelt gestartet: Ich habe mich direkt als Freelancerin im Journalismus selbständig gemacht. Das ist eine Arbeitsform, in der ich von den Medienhäusern meistens tageweise oder projektweise eingekauft werde. Das Interessante an diesem Beschäftigungsverhältnis ist, dass man dann zwischen all den Festangestellten sitzt und genau wie sie seine Arbeit verrichtet. Doch es gibt hier einen feinen Unterschied: Man macht seine Arbeit in der Organisation – ist jedoch von aller Arbeit an der Organisation ausgenommen; die zu erledigen steht allein Festangestellten zu. Ich denke, dass Organisationen da viel Wissen und Ideen durch die Lappen gehen, denn ein Freelancer kennt sein Haus ja irgendwann auch sehr gut.

Für mich gab es irgendwann diesen Punkt, dass ich mich gefragt habe, ob es mir eigentlich reicht, „nur“ meine Arbeit zu erledigen. Ich habe gespürt, dass ich gern ein anderes Mandat hätte – zumindest gelegentlich. Nämlich das Mandat, auch mal an der Organisation zu arbeiten.

Beschreibe, wie du dich von einer Freelancerin zur Unternehmerin verändern möchtest und warum.

Ich habe immer gern freiberuflich gearbeitet und werde das auch weiterhin tun. Doch in den vergangenen Jahren sind neben dem Journalismus weitere Tätigkeitsfelder hinzugekommen, für die eine andere Arbeitsform passender ist. Das, was ich im Rahmen der Arbeit meiner Accelerate Academy tue, dafür passt ein anderer Rahmen besser. Ich habe irgendwann bemerkt, dass ich wirksamer bin, wenn meine Transformationsbegleitung nicht mehr allein mache und die Unternehmensgründung gibt mir die Möglichkeit, ganz andere Strukturen aufzubauen und auch viel intensiver mit anderen Menschen zusammenzuarbeiten.

Was muss sich aus deiner Sicht im Freelancer-Business verändern?

Ich wünsche mir mehr Akzeptanz für den selbständigen Lebensentwurf. Allzu oft ist die Selbständigkeit doch nur die zweite Wahl – gerade im Journalismus arbeiten viele freiberuflich, weil sie es müssen, und nicht, weil sie es wollen.

Wir sprechen in Deutschland noch immer von einem Normarbeitsverhältnis, und das ist nun mal festangestellt (und Vollzeit). Doch in der Selbständigkeit steckt so viel Gestaltungskraft – aber um die zu entdecken, sollte die Selbständigkeit ein freiwilliger und gewünschter Lebensentwurf sein, sonst geht der Blick doch eher sorgenvoll in Richtung der Risiken anstatt der Chancen.

In Deutschland geht mit dieser Wahrnehmung einer Norm im Arbeitsleben aber noch mehr einher – wer als Selbständiger schon einmal etwas mit der Krankenkasse oder dem Finanzamt klären musste, kann in den allermeisten Fällen ein Lied von den undurchsichtigen Strukturen singen, mit denen man als Selbständiger konfrontiert ist.

Fotograf: Axel Kuhlmann

Was bedeutet für dich Freelancing im Zusammenhang mit New Work? Wie sieht überhaupt die neue Arbeitswelt aus?

Ich denke, dass wir in Zukunft mehr Beschäftigungsverhältnisse abseits unserer Festangestellten-Norm sehen werden wie temporäre Beschäftigungen, Projekt-Arbeit oder Teilzeit. Teams werden immer wieder neu zusammengewürfelt werden, um Ideen-Vielfalt zu erzeugen und ein Klima für Innovation zu schaffen.

Wir werden das aber auch sehen, weil die innere Organisation von Unternehmen, die bestehen wollen, starre Strukturen gar nicht mehr zulässt. Und wir bemerken ja schon jetzt, dass sich Verweildauern in Unternehmen verkürzen, auch das wird weiter zunehmen – in einem Unternehmen zu sein von der Ausbildung bis zur Rente ist ja schon heute die Ausnahme. Das hat Auswirkungen auf viele Bereiche und berührt die Gestaltung von Prozessen in Unternehmen genauso wie auch ihr Informations- oder Wissensmanagement. Solche Flexibilität verlangt auch den Arbeitenden eine Menge ab: Sie müssen mit diesen Entwicklungen Schritt halten, und das geht meiner Meinung nach nur, wenn sie den Fokus nicht nur auf ihre tägliche Arbeit legen, sondern ihn auch auf das Lernen erweitern.

Wie bist du im Bereich New Work unternehmerisch tätig?

Ich habe verschiedene Standbeine. Einerseits setze ich mich mit den Themen New Work, Transformation und Kulturwandel journalistisch auseinander – zum Beispiel im Rahmen meines Podcasts – andererseits arbeite ich mit Menschen und in Unternehmen dazu. Ich spreche auf Veranstaltungen, gebe Keynotes oder nehme an Panel-Diskussionen teil und arbeite auch in Unternehmen dazu – ich werde eingeladen, bei internen Veranstaltungen Impulse zu geben oder konzipiere Workshops für Teams oder Abteilungen.

Die Themen sind vielfältig: Es geht um Neue Arbeit oder moderne Führung, ich begleite Veränderungsprozesse oder Umstrukturierungen, und manchmal sind es auch ganz konkrete Themen wie das Arbeiten an Meetingstrukturen, das Schaffen von innovativen Strukturen oder auch – etwas größer – Unterstützung beim Aufbau eines Corporate-Influencer-Programms. Die Themen sind so weit wie die Felder Neuer Arbeit, meistens geht es darum, Räume für Innovation oder Kommunikation zu schaffen.

Fotografin: Nicola Riva

Mein Herzensprojekt ist aber meine Mitgliedschaft auf meiner Plattform der Accelerate Academy. Im Rahmen meiner Mitgliedschaft arbeite ich mit Menschen aus verschiedenen Organisationen (und mittlerweile sogar auch verschiedenen Ländern!) und zu Neuer Arbeit: Wir nähern uns gemeinsam dem Begriff und den Methoden und Strukturen Neuer Arbeit, leisten gemeinsam Reflexionsarbeit und lernen miteinander. Denn ich bin fest davon überzeugt: Veränderung von Organisationen beginnt beim einzelnen Menschen. Ich unterstütze die Menschen, sich mit den Fähigkeiten und Werkzeugen der Neuen Arbeitswelt auszustatten und helfe ihnen, ihre Wirkungsräume in den Organisationen zu entdecken und in die Anwendung zu kommen. Das Spannende daran: Wir lernen nicht nur über Neue Arbeit, sondern wenden die Methoden und Techniken der kollaborativen und überorganisationalen Lernens gemeinsam an. Das gibt es in dieser Form nirgendwo sonst in Deutschland!

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